Jonathan Tah im Spiel gegen Werder Bremen

Leverkusen gegen Stuttgart Störung im Betriebsablauf

Stand: 31.10.2024 21:21 Uhr

Meister Bayer Leverkusen empfängt am Freitag (01.11.2024) in der Fußball-Bundesliga Vizemeister VfB Stuttgart, das könnte spektakulär werden. Weil beide für offensiven Fußball stehen. Und weil sie ein Problem eint.

Am vergangenen Wochenende sollte Jonathan Tah erklären, was kaum zu erklären war. Minuten zuvor hatte Bayer Leverkusen in der letzten Minute den Ausgleich im Spiel gegen Werder Bremen kassiert. Es war der achte Spieltag der Fußball-Bundesliga, und Leverkusen hatte zum vierten Mal in dieser Saison eine Führung verspielt. Das fühle sich "wie eine Niederlage an", sagte Tah der Sportschau. "Das tut uns weh."

Felix Ilemann, Sportschau, 26.10.2024 21:05 Uhr

Für die Leverkusener begann das Ärgernis mit einem langen Ball von Bremens Torhüter Michael Zetterer und einer zu kurz geratenen Kopfballabwehr von Alejandro Grimaldo. Im Mittelfeld stand Granit Xhaka bei Derrick Köhn, den Pass verhinderte er nicht. Rechtsverteidiger Jeremie Frimpong orientierte sich nach vorne. In seinem Rücken stand Werders Romano Schmid frei. Ein Doppelpass mit Justin Njinmah, ein Schuss, dann: Bremer Jubel. Und Frust bei Bayer.

In der vergangenen Saison hat Leverkusen aus 34 Bundesligaspielen 90 Punkte geholt, so wurde "Vizekusen" Deutscher Meister. Die Defensive um den Abwehrchef Tah ließ in 34 Spielen nur 24 Gegentore zu. Nun sind es bereits 15. Eine Führung verspielte die Mannschaft des Trainers Xabi Alonso in der Meister-Saison nie. Sie traf selbst oft spät, manchmal sehr spät. So drehte sie einige Spiele noch. Und nun das.

Frimpong schlug die Hände über den Kopf zusammen. Xhaka versteckte sich unter seinem Trikot. Tah schüttelte den Kopf. Später, als er das Unerklärliche erklären sollte, sagte Tah: "Manchmal muss es reichen, wenn wir 1:0 oder 2:1 führen." Mit Leverkusens Defensive war es gegen Bremen wie mit einer Fahrt im deutschen Nahverkehr: Es lief nicht immer optimal, es hakte auch mal. Und manchmal ging gar nichts: Störung im Betriebsablauf.

Leverkusen gegen Stuttgart, das könnte spektakulär werden

Die Reaktion seiner Mitspieler auf das Bremen-Spiel wird Tah vermutlich gefallen haben. Wenige Tage später spielte Leverkusen im DFB-Pokal. Die Führung erzielte Bayer in der 2. Minute, das zweite Tor fiel, da waren noch keine zehn Minuten gespielt. Ein drittes Tor gelang ihnen noch vor der Pause. Dabei blieb es. Kein Gegentor, also auch keine verspielte Führung.

Was womöglich auch am Gegner lag: Die SV Elversberg ist ein kleiner Zweitligist, der gern große Namen ärgert. Auch in Leverkusen wissen sie das. Vor zwei Jahren verlor der Klub überraschend in der 1. Runde bei der SVE. Diesmal ließ sich Bayer nicht ärgern. Die Defensive wurde kaum einmal gefordert.

Das dürfte sich im nächsten Spiel ändern. Am Freitagabend (01.11.2024, ab 20.30 Uhr im Live-Ticker und in der Radio-Reportage) empfängt der Meister Leverkusen den Vizemeister Stuttgart, zum fünften Mal in den vergangenen 15 Monaten. Im Schnitt vielen pro Spiel 3,75 Tore, aber nie weniger als zwei. Attraktiv waren die Spiele zwischen Leverkusen und Stuttgart aber nicht nur wegen der Tore. Attraktiv waren sie auch, weil der Fußball so anspruchsvoll war.

Von Stuttgarts Fußball war auch Alonso beeindruckt

Leverkusens Trainer Xabi Alonso, 42, hat aus Leverkusen eine Ballbesitzmannschaft geformt, die mal ruhig kombinierte, dann wieder mit Tempo. Die weiß, wie wichtig Tiefenläufe sind. Die im Zentrum Überzahl erzeugt, Dreiecke bildete und manchmal Vierecke, nur um dann nach rechts zu verlagen oder nach links. Schöner spielte in der Bundesliga in der Saison 2023/24 niemand, und erfolgreicher auch nicht. Für die Gegner war das ein Ärgernis, Woche für Woche.

Sebastian Hoeneß - "Sehr hitzig und emotional"

Sportschau

Mithalten konnte auch Stuttgart nicht. Am Ende trennten beide Mannschaften 27 Punkte. Der VfB wurde trotzdem Zweiter, auch er hat viele positiv überrascht. Das lag auch an der Arbeit des Trainer Sebastian Hoeneß.

Er sei vom Fußball der Stuttgarter "beeindruckt", hat Alonso im Sommer dem "kicker" gesagt. "Er hat sehr, sehr gute Arbeit geleistet." Alonso sprach über Hoeneß, 42, der in Stuttgart einen Fußball spielen ließ, der erfolgreich war und nicht nur deshalb an den Fußball in Leverkusen erinnerte.

Auch in Stuttgart haben sie Ärger mit der Defensive

Nun, wo es zum Wiedersehen von Alonso und Hoeneß kommt, sind ihre Mannschaften noch immer erfolgreich. Aber nicht ganz so erfolgreich wie in der vergangenen Saison. Der VfB hat kürzlich in der Champions League gegen Juventus gewonnen, und im Pokal steht er im Achtelfinale. Doch in der Bundesliga hat Stuttgart aus acht Spielen nur zwölf Punkte geholt, Rang acht. Leverkusen hat drei Punkte mehr, das reicht zu Rang drei. Aber Tabellenführer Bayern München und die zweitplatzierten Leipziger haben bereits fünf Punkte mehr.

Stuttgarts Enzo Millot (v.) bei einem Spiel gegen Leverkusen

Und es gibt noch eine Parallele zwischen beiden Mannschaften. Auch in Stuttgart hatten sie zuletzt manchmal Ärger mit der Defensive. Der VfB hat schon 16 Gegentore kassiert, doppelt so viele wie zum selben Zeitpunkt der vergangenen Spielzeit. Dafür gibt es Erklärungen: Der Trainer Hoeneß muss nun ohne seine Verteidiger Waldemar Anton (Wechsel zum BVB) und Hiroki Ito (Bayern München) auskommen. Sie prägten das Spiel der Stuttgarter mit gelungenen Abwehraktionen, aber auch mit feinen Pässen im Aufbau.

Zuletzt haben beim VfB Stuttgart Anthony Rouault und Jeff Chabot verteidigt. Beide sind gute Bundesligaverteidiger. Dass sie sehr gute Bundesligaverteidiger sein können, das haben sie noch nicht bewiesen. Auf Chabot muss Hoeneß gegen Leverkusen verzichten, er ist gesperrt (Gelb-Rot). Für ihn wird der junge Anrie Chase beginnen, das hat Hoeneß am Tag vor dem Spiel schon einmal bekanntgegeben.

"Das, was den Fußball ausmacht"

Stuttgarts Spiele gegen Leverkusen hätten zuletzt oft vieles gezeigt, "was den Fußball ausmacht", auch Tempo, Technik, Tore. Diesmal, sagte Hoeneß, wolle der VfB "nicht nur gut ausschauen, sondern am Ende auch mal mehr mitnehmen." Ein Sieg also, das wäre dann doch eine Überraschung.

Hoeneß hat als Trainer noch nie gegen Leverkusen gewonnen, auch mit dem VfB nicht. Und Stuttgart hat von den vergangenen 13 Spielen gegen Bayer nur eins gewonnen, das war im April 2018. Anrie Chase, der nun gegen Leverkusen verteidigen wird, war da gerade 14 geworden.